Meine Frau und ich wollten Urlaub machen. Ganz normal, allerdings mit klaren Vorstellungen. Sogar ein Beispielhotel hatte meine Frau im Beratungsgespräch genannt. Eigentlich keine Raketenwissenschaft für einen erfahrenen Reisebürochef. Ein paar Wochen später endete das Ganze in Tränen und mehr als 2000 Euro im Klo. Was war passiert?
Statt uns ein schönes, einigermaßen hochwertiges und ruhiges Hotel auszusuchen, überredete der Reisebürochef uns zu einer persönlichen Empfehlung. Tolles Hotel, tolles Frühstück, tolle Lage. Eine Nacht für knapp 220 Euro. Saftig, aber bei solchen Vorschusslorbeeren – da kann man doch nichts falsch machen, haben wir gedacht. Vor Ort haben wir dann feststellen dürfen, dass sich das Hotel in einem unfassbar hässlichen Hochhausturm in der schlimmsten Ecke des hässlichsten Ortes befindet. Und das direkt auf dem Weg zur Partymeile der Stadt mit durchgehend grölendem Publikumsverkehr. Unsere Aussicht aus dem Hotelzimmer: der Ferienbunker gegenüber und ein Parkplatz.
Das Zimmer war winzig, die Ausstattung dürftig. Hätten wir alles verkraftet, wenn der Rest gestimmt hätte. Allerdings war der einzige Punkt, der gepasst hat, das Frühstück. Durch die furchtbare Lage waren wir gezwungen, täglich weite Wege zurückzulegen. Zum Glück konnte ich kurzfristig recht günstig ein Auto mieten. Hätte der Reisebürochef vielleicht mal vorschlagen können, wenn er uns schon so ein Scheißhotel bucht. Einige Tage nach unserer Rückkehr habe ich eine E-Mail vom Reisebürochef erhalten. Wie denn uns denn unsere Reise gefallen habe.
Wer kein Feedback verkraftet, sollte keins erfragen
Ich habe ein ausführliches, ehrliches und offenes Feedback geschrieben. Die Mail ist brutal, ich habe sie gerade eben noch einmal gelesen. Aber es stimmt einfach alles, was ich geschrieben habe. Die Mail endet mit:
Insgesamt haben wir das Gefühl, dass Sie uns komplett falsch eingeschätzt und uns für 20-jährige Interrail-Fans gehalten haben, die sich nichts leisten können. Ich persönlich habe das schon häufiger erleben müssen und bin nicht besonders glücklich darüber. Vielleicht können Sie ja mit diesem Feedback etwas anfangen.
Beim Durchlesen der Mail wurde mir wieder deutlich, wie sehr der Reisebürochef versagt hat. Allerdings habe ich die E-Mail nicht geschrieben, um den Mann fertig zu machen. Ich habe das Feedback geschrieben, damit er eine Chance bekommt, die Sache geradezurücken und an seinem Service zu arbeiten. Anders gesagt: Ich habe meine Lebenszeit geopfert, um dem Menschen, der unsere Reise ruiniert und uns viel Geld gekostet hat, zu helfen. Was ich dagegen nicht wollte, waren Rechtfertigungen.
Und zwar genau die Rechtfertigungen, die ich als Antwort auf meine Mail erhalten habe. Viele Unternehmen reagieren so und rechtfertigen sich bei Kritik. Vor allem bei berechtigter Kritik. Das ist falsch, geschäftsschädigend und naiv. Gerade bei einem solch klaren Fall wie unserem: Wir haben sehr genau gesagt, was wir wollten, und etwas völlig anderes bekommen. Was gibt es da zu diskutieren? Ich gebe gern Feedback, allerdings sind mir Ausreden und Rechtfertigungen völlig wumpe. Mir ist komplett egal, ob das Reisebüro die Kritik annimmt. Es ist ja nicht mein Reisebüro, das mich und andere als Kund*innen verliert.
Ein Feedback ist ein Gefallen, kein Angriff
Konstruktive Kritik von Kund*innen sind unbezahlbare wie unbezahlte Geschenke. Als Unternehmer*in bedankst du dich, haust vielleicht einen Rabattgutschein oder eine kleine Rückzahlung raus und gewinnst eventuell eine*n Stammkund*in. Absurd, sich da zu rechtfertigen und nach Ausflüchten zu suchen. Meint der Reisebürochef, dass uns seine Ausreden zufriedener machen? Dass wir sagen: Der Urlaub war zwar scheiße, aber der Mann hat Recht, wir sind zu doof, um richtig beraten zu werden, unsere nächste Reise buchen wir wieder bei ihm? Meine 20-jährige Marketingerfahrung sagt mir: spannende Strategie, viel Glück dabei.